Asthmatiker leiden häufiger an Depressionen oder Angsterkrankungen. Warum das so ist haben Wissenschaftler nun an Zwillingen untersucht. Nun wissen sie auch, welche Rolle die Gene dabei spielen.
Als wäre es nicht genug, dass sich von Zeit zu Zeit die Bronchien verengen, bis die Luft zum Atmen knapp wird, etwa wenn sich am Abend die Bar mit Rauchern füllt oder man zum Bus laufen muss. Mitunter gesellt sich zu einem Asthma auch noch Panik oder der dunkle Schatten der Schwermut. Ein seltener Zufall ist diese Kombination nicht. Es gibt Hinweise, dass Asthmatiker häufiger an Depressionen und auch Angsterkrankungen leiden als gesunde Menschen.
Schwedische Wissenschaftler wollten nun herausfinden, ob eine Asthmaerkrankung die Ursache für die psychischen Störungen sein könnte, und welche Rolle die Gene dabei spielen. Sandra Tendner und ihre Kollegen (1) vom Karolinska Institut Stockholm werteten dafür die Daten von mehr als 25.000 eineiigen und zweieiige Zwillingen aus. Tatsächlich litten Asthmatiker-Zwillinge unter ihnen deutlich häufiger an Depressionen und Angststörungen. Auf die nächste Generation wirkte sich die Erkrankung der Atemwege allerdings nicht aus. Die Gene scheinen nicht für den Zusammenhang verantwortlich zu sein und auch keine familiären Faktoren. Vielleicht ist es aber die Krankheit selbst, die Patienten anfällig macht.
Seit einiger Zeit sehen Forscher einen Zusammenhang zwischen Asthmaerkrankungen und psychischen Störungen wie Depressionen und Angststörungen. Nur wie es dazu kommt, gibt Wissenschaftlern noch Rätsel auf. Zwillingsstudien sind ideal, wenn man herauszufinden will, welche Rolle etwa die Gene spielen. Denn während das Erbgut von eineiigen Zwillingen zu 100 Prozent übereinstimmt, sind es bei zweieiigen nur 50 Prozent.
Die Zwillinge aus der Untersuchung waren zwischen 20 und 47 Jahren alt und Teil eines Schwedischen Zwillingsregisters. Vor einigen Jahren hatte ein Großteil von ihnen in Telefoninterviews oder Online-Fragebögen Angaben zu ihrer Gesundheit gemacht. Patienten- und Verschreibungsregister lieferten weitere Informationen. Im Mehrgenerationen-Register konnten die Forscher sehen, dass die Zwillinge Eltern von insgesamt fast 33.000 Kindern waren. Mit ihrer Hilfe wollten die Wissenschaftler untersuchen, ob eine Asthmaerkrankung möglicherweise nicht nur das eigene Risiko für eine Depression oder Angststörung erhöht, sondern auch das der eigenen Kinder.
Bei der Auswertung, fielen den Wissenschaftlern zwei Dinge auf: Von 1.465 Zwillingen mit einem diagnostizierten Asthma litten 25 Prozent unter einer schweren Depression und rund 7 Prozent unter einer Angststörung. Unter den 23.220 Zwillingen ohne eine Asthmadiagnose litten dagegen nur 15,5 Prozent unter einer Depression und nur 3,6 unter einer Angststörung.
Die Gene scheinen dabei jedoch keine große Rolle zu spielen. Denn als sich die Forscher die Verteilung innerhalb der Zwillingspärchen anschauten, beobachteten sie ein ähnliches Muster – egal, ob die Zwillinge eineiig waren oder zweieiig. Dazu passt, dass auch die Kinder von depressiven oder angstgestörten Müttern mit 6,7 Prozent nicht auffällig häufig erkrankten.
Familiäre Faktoren schließen die Forscher bei diesem Ergebnis ebenfalls aus. Sie gehen eher davon aus, dass die Asthmaerkrankung selbst die Menschen anfällig macht, etwa über das Immunsystem und die körpereigene Stressachse. Eine Rolle könnten aber auch andere Krankheiten spielen, wie viel jemand raucht oder die Behandlung des Asthmas selbst. Tatsächlich scheinen bei bestimmten Asthmamedikamenten Depressionen gelegentlich als Nebenwirkungen aufzutreten. Allerdings merken die Wissenschaftler auch an, dass die Gruppe der an Asthma erkrankten Zwillingspaare recht klein war. So müssen weitere Studien das Ergebnis noch bestätigen.
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Quellen:
1. Tedner SG, Lundholm C, Olsson H, Almqvist C. Depression or anxiety in adult twins is associated with asthma diagnosis but not with offspring asthma. Clin Exp Allergy 2016;46:803-12. [PubMed]