Nicht nur die Höhe des Blutdrucks verrät etwas über das eigene Gesundheitsrisiko, sondern auch die Schwankungen. Das hat mit dem Nervensystem zu tun. Welche Rolle die Gene dabei spielen haben nun schwedische Forscher an Zwillingen untersucht.
Bluthochdruck gehört in den Industrienationen zu den wichtigsten Risiken für die Gesundheit. Das Gefährliche an einem erhöhten Druck in den Gefäßen ist, dass er mit der Zeit lebenswichtige Organe wie Herz, Gehirn, Nieren und Augen schädigen kann. Um herauszufinden, wer betroffen und besonders gefährdet ist, haben Ärzte oft nur auf die Höhe an sich geschaut. Heute weiß man jedoch, dass auch die Schwankungen des Blutdrucks (Blutdruckvariabilität) etwas über das zukünftige gesundheitliche Risiko verraten. Je ausgeprägter die Variabilität des systolischen Blutdrucks, desto höher soll auf längere Sicht das Risiko für eine koronare Herzkrankheit, einen Schlaganfall, Nierenversagen und einen frühzeitigen Tod sein.
Was aber ist dafür verantwortlich, dass der Blutdruck bei dem einem während des Tages besonders stark schwankt, während er sich bei dem andern in engen Bereichen aufhält? Falls die Gene etwas damit zu haben, würde man das in einer Zwillingsstudie sehen, haben sich Forscher um Linda Lundblad (1) gedacht. Da sich eineiige Zwillinge genetisch so gut wie gar nicht unterscheiden, haben die Forscher acht solcher Paare untersucht. Allerdings haben sie nicht ihren Blutdruck gemessen, sondern die sogenannte muskuläre sympathische Nervenaktivität, damit ist die Aktivität von Nerven des sympathischen Nervensystems gemeint, die ihre Signale direkt an Muskeln weitergeben.
Der Sympathikus ist ein sehr altes System des Menschen. Es steuert unbewusst ablaufende Prozesse, die den Körper in erhöhte Leistungsbereitschaft versetzen. Unter anderem trägt der Sympathikus wesentlich zur Regulierung des Blutdrucks bei. Wird er zum Beispiel durch Stress aktiviert, steigert das sympathische System die Herzfrequenz und die Engstellung der Gefäße, die Folge: der Blutdruck steigt. Eine hohe Sympathikusaktivirät kann vor allem tagsüber zu vermehrten Blutdruckschwankungen führen.
In der Studie wollten die Forscher nun wissen, ob die Aktivität der Nerven, die bei Erregung die Engstellung der Gefäße steuern, weniger durch die Gene kontrolliert wird als die Nervenaktivität in Ruhe. Tatsächlich ähnelten sich die Ergebnisse aller eineiigen Zwillingspaare in Ruhe, jedoch nur bei vier von acht Paaren in Aufregung. Die Forscher schließen daraus, dass die Gene auf die Veränderungen bei Erregung weit weniger Einfluss haben als bei Ruhe.
Wodurch aber sind die Unterschiede zu erklären? Wenn es nicht das Erbgut ist, müssten es die Umwelteinflüsse sein. Die Zwillinge dieser Studie jedoch wuchsen zusammen aus, gingen zur gleichen Schule und verbrachten auch einen großen Teil ihrer Freizeit miteinander. Unterschiede bei größeren Lebensereignissen gab es nicht. Die Ergebnisse lassen daher vermuten, dass die gemessenen Unterschiede eher auf subtile Umwelteinflüsse zurückzuführen sind. Ob auch epigenetische Faktoren, also Veränderungen des Erbgutes durch Umweltfaktoren, dabei mitmischen, müsse noch untersucht werden, schreiben die Autoren. Nun muss man an dieser Stelle jedoch noch einmal hervorheben, dass die Anzahl der untersuchten Zwillinge sehr klein war. Daher bleibt abzuwarten, ob größere Untersuchungen die Ergebnisse der Forscher überhaupt bestätigen können.
Für die Autoren ist ihre Studie jedoch schon jetzt ein Grund, darüber nachzudenken, wie man das Risiko für Herzkreislaufkrankheiten bei Betroffenen senken kann. Sie schreiben, dass die Wirksamkeit von Verhaltenstherapien noch bestätigt werden muss. Von Sport und Bewegung wisse man jedoch auch heute schon, dass sie wirken. Vergleiche man zwei Zwillinge, die sich unterschiedlich viel bewegen, so habe der fittere Zwilling ein um 32 Prozent geringeres Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben als sein Zwillingsgeschwister. Ob auch Veränderungen der sympathischen Nervenaktivität nach Aufregung zu dieser Verbindung beitragen, muss noch untersucht werden.
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