Mobbing hinterlässt nicht nur Narbe auf der Seele. Kinder, die in Schule gemobbt werden, könnten später häufiger übergewichtig werden.
Der Alltag in der Schule kann unbarmherzig sein. Kinder verfügen über ein weites Repertoire an Grausamkeiten und Gemeinheiten im Umgang mit Gleichaltrigen. Zahleiche Kinder werden immer wieder angegriffen, verletzt, schikaniert, gemieden oder lächerlich gemacht. Nach einer Auswertung der Weltgesundheitsorganisation WHO wird etwa jedes zehnte Kind Opfer von aggressivem Verhalten durch Gleichaltrige. Wen es trifft, bestimmt oft der Zufall. Die Folgen von Mobbing lassen sich noch Jahre später beobachten. So haben terrorisierte Kinder später ein höheres Risiko, als Erwachsene an Depressionen, Angststörungen oder andere psychische Leiden zu leiden.
Zu den körperlichen Folgen gibt es dagegen deutlich weniger Daten. Doch nun zeigt eine Studie vom Londoner King´s College, dass Kinder, die in der Schule gemobbt werden, später häufiger übergewichtig sind. Schon 2015 hatten die Forscher gezeigt, dass Kinder, die in den 60er Jahren aufwuchsen und zu dieser Zeit gemobbt wurden, mit 45 Jahren besonders häufig übergewichtig waren (1).
In ihrer neuen Studie (2), die die Forscher um Jessi Baldwin und Andrea Danese im Fachblatt Psychosomatic Medicine veröffentlicht haben, wollten sie herausfinden, ob Mobbing in der heutigen Zeit immer noch einen Einfluss auf das Gewicht hat. Schließlich sei die Umwelt, in der Kinder von heute aufwachsen, eine andere. Ungesundes Essen sei viel leichter verfügbar, zudem würden sich viele Kinder heute weniger bewegen, schreiben die Wissenschaftler. Außerdem interessierte die Forscher, wie früh man einen Gewichtsunterschied beobachten kann.
Mehr als 2,000 Zwillinge, die in den Jahren 1994 und 1995 geboren sind, haben die Forscher für ihre Untersuchung begleitet. Im Alter von 7, 10 und 12 Jahren, wurden sie und ihre Mütter dann gefragt, ob sie Erfahrung mit Mobbing gemacht haben. Als die Kinder 18 waren, haben die Forscher ihren BMI berechnet und zusätzlich die Waist-To-Hip-Ratio (WHR), die man auch Taille/Hüft-Quotient nennt. Denn für die Gesundheit ist es nicht nur entscheidend wie schwer jemand ist, sondern auch, wo das Fett sich angesammelt hat. Je größer der Quotient ist, desto mehr Fett sitzt am Bauch.
Bei den Befragungen stellte sich heraus, 28 Prozent der Kinder wurden entweder in der Grund- oder in der weiterführenden Schule gemobbt. Rund 13 Prozent sogar in beiden. Die Untersuchung der Forscher zeigt, dass diese Kinder später mit höherer Wahrscheinlichkeit übergewichtig sind. Am deutlichsten war der Zusammenhang bei Kindern, die besonders viel und lange gemobbt wurden. Von diesen Kindern waren 29 Prozent später übergewichtig. Aus der Gruppe der Kinder, die nicht gemobbt wurden, waren das nur 20 Prozent. Gemobbte Kinder hatten zudem insgesamt einen höheren BMI mit viel Bauchfett als sie 18 waren.
Nun könnte man denken, dass diese Kinder schon vorher Gewichtsprobleme hatten und deshalb häufiger gehänselt und ausgegrenzt wurden. Die Daten der Forscher zeigen jedoch etwas anderes: Kinder, die gemobbt wurden, waren anfangs nicht häufiger dick als Kinder, die nicht gemobbt wurden.
Anschließend wollten die Wissenschaftler prüfen, ob der soziale Status oder die Herkunft und die Gesundheit der Kinder einen Einfluss auf das Ergebnis hatten. Tatsächlich stammen häufig gemobbte Kinder oft aus einem schwierigen Umfeld oder sie haben psychische Probleme. Ursache für Mobbing und das höhere Gewicht scheinen diese Faktoren jedoch nicht zu sein. Denn selbst als die Forscher die Ergebnisse um diese und andere Faktoren bereinigten, blieb der Zusammenhang zwischen Mobbing und einer Gewichtszunahme bestehen.
Sogar den Einfluss der Gene haben die Forscher ins Visier genommen. Indem die Forscher die Zwillingsgeschwister miteinander verglichen, konnten Sie zeigen, dass sich die genetische Veranlagung zu Übergewicht nicht auf das Mobbing-Risiko auswirkt.
„Unsere Studie zeigt, dass gemobbte Kinder mit größerer Wahrscheinlichkeit übergewichtig werden, unabhängigen von ihrer genetischen Veranlagung“, sagte Andrea Danese, eine der Autoren der Studie, in einer Pressemitteilung. Die Forscher hoffen nun, dass ihre Forschung dazu beiträgt, dass Kinder stärker vor Mobbing geschützt werden. “Unsere Daten zeigen, dass man schon früh im Leben der Kinder damit anfangen sollte“, so Jessi Baldwin.
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Quellen:
1. Takizawa R, Danese A, Maughan B, Arseneault L. Bullying victimization in childhood predicts inflammation and obesity at mid-life: a five-decade birth cohort study. Psychol Med. 2015;45(13):2705-15. [PubMed]
2. Baldwin JR, Arseneault L, Odgers C, Belsky DW, Matthews T, Ambler A, Caspi A, Moffitt TE, Danese A. Childhood Bullying Victimization and Overweight in Young Adulthood: A Cohort Study. Psychosom Med. 2016;78(9):1094-1103. [PubMed]